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Nicht gut Kirschen essen

geschrieben von Timo

Los Antiguos

Geschrieben von Timo

In Los Antiguos angekommen, trafen wir Tommy auf seinem Campingplatz an, dessen Existenz wir durch ein sonst sehr unhilfreiches Touristenbüro erfahren hatten. Tommy ist vermutlich ursprünglich Obstbauer, auf jeden Fall hat er ein Anbaugebiet hinter dem Campingplatz und seinem Haus gehabt. Für uns hatte er ein kleines Kabuff, dass er als Cabaña verkaufte, in dem wir uns einrichteten. Da es noch früh am Morgen war, war es sehr nett dass wir schon so unkompliziert einziehen durften. Genauso simpel war dann die Reservierung die Franzi für den Abend vornahm. Neben Camping bot Tommy auch "Cabalgatas" an, was mir zu dem Zeitpunkt noch garnichts sagte. Franzi hatte aber schon verstanden, dass es sich um Ausritte am Lago Buenos Aires um die Ecke handelte und buchte ca. 2,5 Stunden Ausritt mit Abholung für den Abend für 6000 Pesos pro Person also knapp 20€ pro Person derzeit. 


WIr schliefen fast den ganzen Tag, da die Nachtfahrt doch nicht so erholsam war wie eine Nacht im Bett. Um 3 Uhr nachmittags gingen wir noch schnell essen, da wir um 5:30 Uhr schon abgeholt werden sollten zum Ausritt. Pünktlich kehrten wir zurück und warteten auf die Abholung. Um 6 Uhr kam Pablo, ein Mitt- Dreißiger mit Argentinien Trikot, dann endlich vorbei mit schlechten Nachrichten. Ohne uns zu begrüßen eröffnete er uns dass das Reiten jetzt leider doch 8000 ARS pro Person kostet. Wir waren genervt, da wir uns den ganzen Tag auf etwas anderes eingestellt hatten. Wir überlegten lange, ob wir es trotzdem machen wovon Pablo wiederum genervt schien. Er meinte es wird halt alles immer teurer in Argentinien und das seien nunmal die Preise von Dezember gewesen und das ist schon lange her, daher seien sie jetzt höher. Am Ende entschieden wir uns dafür und stiegen in sein Auto ein, in dem wir auf der Rückbank seine 4- jährige Tochter antrafen. Statt zum Reiten zu fahren, fuhren wir nun zu einem Haus, an dem wir nochmal 30 Minuten warteten bis Santiago auch noch in das Auto eintieg. Dann fuhren wir los durch Los Antiguos und hielten bei einem weiteren Haus. Pablo, von dem wir dachten dass er mit uns reitet, stieg plötzlich aus mit seiner Tochter und auf Nachfrage sagte Santiago, dass er mit uns reitet. Um 7 Uhr, also 1,5 Stunden nachdem wir abgeholt werden sollten, fuhren wir dann wieder an unserem Campingplatz vor und zwar weil Santiago Hunger hatte und sich Brot kaufen wollte. Die Zeit bis dahin hätten wir uns definitiv sparen können. Da es kein Brot gab, fuhren wir zum nächsten Supermarkt, wo er sich dann Kekse kaufte und danach meinte, dass es ja jetzt schon ziehmlich spät sei für Reiten. Wir konnten nicht so ganz glauben, dass er das ernsthaft meinte. Tatsächlich fuhren wir dann zur Estancia Ascensión auf der wir die Pferde entdeckten. Während Santiago ausstieg und die Pferde fertig machte, saßen wir wie abgestellt und erwarteten was als nächstes passieren wird. Die Kommunikation bis dahin glich einer Katastrophe. Wir suchten uns selber die Toilette auf der Estancia raus und dann konnte es auch schon losgehen. Um 19:30 Uhr bestiegen wir die drei sehr schönen und schlauen Pferde, von denen eins sogar mich im Schritt beförderte, und beritten durch eine Graslandschaft und dann am Ufer des Lago Buenos Aires bei untergehender Sonne. Santiago machte hübsche Fotos von uns, wir probierten eine schon vertrocknete Calafate Beere (Sauerdorn), die fast ungenießbar bitter schmeckte und ich trabte sogar erstmalig unfreiwillig. Um 20:45 Uhr kehrten wir auf die Estancia zurück und wir freuten uns über die Alfajores (Kekse mit Dulce de Leche, ein süßer Snack), die Santiago uns gab. Während wir auf ihn warteten wie er die Pferde anband, fragten wir uns was denn eigentlich mit der zweiten Hälfte des 2,5 stündigen Ausritts geworden ist und ob wir das jetzt mit Santiago oder mit Tommy auf dem Campingplatz besprechen müssen. Wir entschlossen uns es mit Santiago zu klären, was der Beginn des unangenehmen Teils des Tages war. Santiago hatte den Ausritt mit uns offensichtlich genossen und fing nun an zu behaupten, dass es die ganze Zeit unangenehm war mit uns. Nach unserer Logik wollten wir für die halbe Leistung auch nur den halben Preis zahlen also 8000 ARS statt 16000 ARS. Da wir 12000 ARS schon an Tommy gezahlt hatten, war uns klar dass wir das wohl nicht wieder kriegen, wollten aber zumindest die 4000 ARS wegen der Preiserhöhung, was ungefähr 12€ sind, nicht nachzahlen. Santiago meinte er reitet immer die selbe Runde, nicht wissend, dass Tommy sue uns für die doppelte Zeit verkauft hatte, und er hätte uns ja auch noch rumgefahren, was eigentlich 3000 ARS extra kostet. Dann zählte er uns wie Pablo zuvor schon auf was sie nicht alles für Kosten haben und wie schlimm das alles ist, wo wir uns nur dachten, dass sie dann ja den Preis einfach von vorneherein höher ansetzen könnten. Dann hätten wir uns vermutlich von vorneherein gegen die Buchung entschieden. Wohingegen wir diese krasse Preiserhöhung durch die Hintertür richtig dreckig fanden. Eine unangenehme Autofahrt später fanden wir Tommy leider nicht auf dem inzwischen dunklen Campingplatz um das Thema mit ihm zu klären. Interessanterweise meinte Santiago die ganze Zeit, dass Tommy nichts mit dem Reiten zu tun hat, obwohl er es uns verkauft hatte. Nachdem wir in unsere Cabaña sind, klopfte es 10 Minuten später an unserer Tür. Wir öffneten und es hatten sich Santiago, Pablo und Tommy versammelt um das Thema zu klären. Während Pablo und Santiago einfach nur aufgebracht waren, verstand Tommy zumindest den Punkt, dass er uns die Abholung geschenkt hatte und erklärte das den anderen beiden, die das trotzdem nicht verstehen wollten. Dass die eigentlich 20 minütige Fahrt für uns insgesamt 2 Stunden warten in Los Antiguos waren, interessierte die Reiter auch nicht. Tommy meinte wenn man gut reitet, kann es auch mal sein, dass man schneller als 2,5 Stunden für die Reitstrecke braucht. Aber Franzi machte zurecht den Punkt, dass es nicht halb so lang dauern darf, zumal ich blutiger Anfänger bin. Santiago meinte, dass man ja auch normalerweise noch am Strand eine Pause macht und Mate trinkt und die Alfajores dort isst und nicht am Ende und nur weil es schon so spät war, haben wir es nicht gemacht. Keiner der Beteiligten verstand leider, dass er sich damit argumentativ selber noch weiter ins Fleisch schnitt und wir fragten uns wirklich ob es an unserem schlechten Spanisch lag, dass sie unsere Punkte nicht verstanden, oder ob ihre Logik einfach eine Art Bauernschläue gleicht. Jedenfalls hätte eine BWL Studium mit den Schwerpunkten Vertriebskanäle, Kundenkommunikation und Preispolitik Santiago und Pablo sicherlich geholfen ihre unzufriedenen Kunden zu verstehen. Stattdessen beschimpften sie uns und gingen schließlich und meinten ironisch, dass ihnen das Geld ja nicht fehlt und wir es sicher eher bräuchten. Tommy entschuldigte sich bei uns für die Missverständnisse und schenkte uns haufenweise Kirschen, die er wohl gerade gepflückt hatte. Damit hatte sich das Thema unschön erledigt. Ich mochte das Gefühl nicht, dass die beiden Reiter die dachten dass wir ihnen Geld schulden, wussten wo wir wohnen. Jedoch waren meine Sorgen was das anging unbegründet und wir mussten sie nie wieder sehen. Am Traurigsten war fast die Tatsache dass sie nicht differenzirren konnten zwischen der Tatsache, dass uns der Ausritt gut gefiel nur das alles drumherum nicht gepasst hat.


Am Abend des Folgetages konnten wir Jannes und Alex von dem Vorfall berichten und die Kirschen mit ihnen teilen. Zuvor waren wir auf einem ganztätigen Ausflug mit unserem sympathischen, witzigen Guide Mauro und einer Reisegruppe älterer, Argentinischer Damen. Wir besuchten zunächst das Weltkulturerbe Cueva de los Manos (Höhle der Hände). Nachdem wir einige Zeit am Lago Buenos Aires (auf Tehuelche heißt er Chelenko, also bewegtes Wasser) vorbeifuhren, dessen Umgebung Spuren von einem gewaltigen Gletscher aufweist, der hier einmal existierte, fuhren wir durch die patagonische Steppe auf Schotterpisten, bis wir das Tal des Río Pinturas erreichten , das wie eine kleine, grüne Oase in der trockenen, staubigen Landschaft erscheint. Am steinernen Hang des Flusses mitten im Nichts fanden wir ein überraschend gut besuchtes Besucherzentrum vor, dessen Mitarbeiterin uns über Holzstege zu den Felsen führte auf den Menschen im Laufe der Jahre 8000 v. Chr bis ca. zum Jahr 0 Handabrücke, Abdrücke von Tierpfoten und Malereien von z.B. Guanacos, ihrem Hauptnutztier, hinterließen. Alles war neuer als 2000 Jahre an den Wänden war, ist entweder Vandalismus oder unprofessionelle, archäoligische Forschung aus Zeiten als der Wert dieser archäologischen Stätte noch nicht für alle klar war. Der Ort wurde erstmals in den 1970er Jahren archäologisch bearbeitet und ist seit den 1990er Jahren UNESCO Welterbe. Ich finde solche Relikte aus Urzeiten von Menschen wenn man davor steht immer nicht so greifbar, da dass krasse daran das unfassbare Alter dieser absichtlichen Hinterlassenschaften ist und ich das schwer greifbar finde. Allerdings ist der ganze Ort spannend mit dem spektakulären Tal des Flusses mit den grünen Bäumen und den bunten aus Sedimenten und Tierblut bestehenden Kunst an der Felswand. Apropos bunte Sedimente- nach der Höhle hielten wir auf dem Rückweg noch in der Tierra de los Colores (Welt der Farben), einem Tal das wir von einem Aussichtspunkt sehen konnten, das aus den Farben Türkis, Pink, Gelb, Rot und Dunkelweiß bestand. Die Farben grenzen direkt aneinander. Auf dem Rückweg liefen wir durch eine Landschaft, die an Vorstellungen von Mond oder Mars erinnerte. Rote sowie weiße Hügel umgaben den Rückweg zum Auto. Nachdem uns Mauro wieder auf dem Campingplatz abgesetzt hatte, schmissen wir zu viert das Fleisch auf den Grill und es gab eine Parilla (Grillmahlzeit). 


Nach einem Tag Pause auf dem Campingplatz wussten wir, dass wir weiter mussten, da unsere Cabaña von anderen reserviert worden war. Daher machten wir uns auf ins Abenteuer zurück nach Chile, genauer genommen Chile Chico auf der anderen Seite der Grenze. Eine Straße mit 15 km trennen unseren Ort und das Ziel inkl. der Ausreise aus Argentinien und der Einreise nach Chile. Das Problem: Es gibt kein öffentliches Verkehrmittel, das diese Strecke absolviert. Die ersten 1,5 km bis zur Ausreise waren einfach. Eine Taxifahrerin brachte vier Leute und vier große Bagpacks plus vier Daypacks in ihrem Klelnwagen unter und brachte uns an die Grenze. Danach beschlossen Jannes und ich die 8 km zur Chilenischen Einreise mit schwerem Bagpack zu laufen während Franzi und Alex hofften, dass sie ein Privatwagen mitnahm und nicht wie der erste einfach vorbeifuhr weil er schon zu voll war. Nach 1,5 km laufen überholte uns ein Auto aus dem die beiden Mädels winkten und das nächste Auto hielt dann wirklich an. Ein Chilene in seinen 30ern im Boca Trikot hielt an und ließ uns unsere Bagpacks im Kofferraum auf einem riesigen Sack Mehl platzieren, den er wohl gerade in Argentinien gekauft hatte. Hoffen wir einfach mal für ihn, dass es wirklich Mehl war ;). Wir begrüßten die zwei älteren Damen in dem Auto und er fuhr uns bis zum Grenzposten und wir bedankten uns bei ihm. Nach der Einreise fuhren Franzi und ich bei der Familie mit, die die beiden Mädels zuvor mitgenommen hatten während Alex und Jannes eine neue Mitfahrgelegenheit fanden. Kurz danach trafen wir uns alle am Hostel in Chile Chico wieder. Das Trampen an der Grenze hat echt gut funktioniert. Andere internationale Reisende bewegen sich ausschließlich so fort. Ich persönlich mag es bisher nicht so, da ich mich in einer bettelnden Position befinde, was mir nicht gefällt. Andererseits ergibt es schon aus Umweltaspekten Sinn die vorhandenen Transportkapazitäten auszunutzen, um Emissionen zu reduzieren. Ich denke, dass ich öffentliche Verkehrmittel dennoch weiter bevorzugen werde, auch wenn ich zugeben muss, dass es mit Trampen an diesem Ort sehr gut funktioniert hat. 


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