Udon Thani
geschrieben von Timo
Bevor wir die Grenze zu Laos erreichen und ungefähr zeitgleich unser verlängerter Thailand Aufenthalt abläuft, legten wir noch einen Halt ein, den vermutlich auch die wenigsten Ausländer einlegen, wenn sie in dieser Region unterwegs sind. Wir haben zwar schon von zwei Leuten gehört, dass sie aus der Region um die siebtgrößte Stadt Thailands- Udon Thani- kommen, nämlich die Frau des Kielers mit dem wir in Südthailand tauchen waren und ein von einem Taxifahrer aus Bangkok- , aber touristisch attraktiv ist die Region eher nur bedingt. Auch zuvor waren wir schon viele hundert Kilometer durch die Landschaft im Osten Thailands gefahren. Man sieht viel Grün, sumpfige Wiesen, wenig Berge, höchstens Hügel aus dem Zugfenster. Wenn nicht gerade die gesamte Schule in Uniform im Zug mitfährt, um nach Hause in die benachbarten Orte zu kommen, ist es auch recht luftig im Zug- nicht nur wegen des offenen Fensters, das auch nicht im geschlossenen Zustand verhindert hätte, dass ich einen halben Höhrschaden erlitt davon, dass ich in der Nähe des extrem lauten Dieselmotors saß. Mit der Fahrt aus der Mitte Thailands in den Nordosten haben wir auch eine Fläche durchquert und rechts liegen gelassen, die vielleicht so groß ist wie halb Deutschland. Es handelt sich um die nicht für seine Hochkultur bekannte Region des Isan, der keine wirkliche Eingliederung ist, sondern eher eine Bezeichnung für eben diese abgelegenen, eher ärmeren, landwirtschaftlichen Regionen Thailands mit einer eigenen Sprache. Hier gibt es zwar auch einige typische Gerichte, aber es gibt keine schicke Küste oder sensationelle, kulturelle Erbe wie es weiter im Westen der Fall ist. Doch ist wirklich der ganze Isan eine kulturelle Wüste? Nein, ein kleines Dorf in der Nähe von Udon Thani, mitten im Nichts auf dem Weg nach Laos, ist Weltkulturerbe. Davon mussten wir uns natürlich selber überzeugen und so checkten wir in einem schicken Hotel zu gutem Preis in Udon Thani ein, um dieses weitere, kleine Abenteuer zu erleben.
Das neu wirkende Blumonkey Hotel mit schicken Hotelzimmern und einigen witzigen Einrichtungsgegenständen und Designs an unterschiedlichen Orten der Anlage sowie nettem, jungen Personal, sollte uns eigentlich zur Erholung dienen und dafür vielleicht das ein oder andere zu erledigen, was sich nach zwei intensiven Reisewochen mit vielen Ortswechseln angesammelt hatte. Letztlich taten wir das auch, aber anders als gedacht. Nachdem wir erstmals das große Frühstücksbuffet ausgetestet hatten, das uns an das Büffet im schicken Hotel in Medan erinnerte, da es auch aus hauptsächlich warmen, Asiatischen Gerichten bestand, stellten wir in einem Telefonat mit einer Deutschen Ärztin, die unsere Reisekrankenversicherung über eine App im Self-Service vermittelt hatte, fest dass wir besser mal ins Krankenhaus gehen sollten.
Franzi hatte seit etwas über einem Monat sehr leichte Schmerzen im Achselbereich und meinte auch einen geschwollenen Lymphknoten zu spüren. Also ließen wir sie im nahegelegenen Bangkok Hospital einmal ausführlich durchchecken. Das Krankenhaus gehört zu der selben Kette, die wir auch in Hua Hin schon wegen meiner Ohrentzündung aufgesucht hatten. Wir fuhren mit den klapprigen Hotelfahrrädern hin und ich wurde sehr wütend, als uns erneut ein weißer Hund auf offener Straße attackierte, der zu einem angrenzenden Grundstück gehörte. Auch auf dem Rückweg mit den Fahrrädern verfolgte er uns wieder sehr nah an unserem Bein stark bellend und riskierte somit, dass wir vom Fahrrad fallen, da die Räder auch alles andere als stabil waren und wir direkt nach dem Grundstück um eine Kurve fahren mussten mit Gegenverkehr. Bisher haben wir wenig Probleme mit Hunden in Südostasien gehabt, aber dieses Exemplar stellte den guten Eindruck, den wir bisher hatten, in Frage. Die Ärzte checkten Franzi eher halbherzig, aber einige Tests wie ein Ultraschall sorgten dann für mehr Gewissheit, dass nichts Schlimmes vor sich ging. Ich war um diese Sorge erleichtert, aber Franzi war weiterhin unsicher, ob die Voltaren Crème, die ihr verschrieben wurde, das Problem wirklich lösen wird. Im Hotel aßen wir bei Livemusik zu Abend und dann gönnte ich mir zwei Europäische Flaschenbiere auf dem schönen Balkon über dem See mit vielen Seerosen und Lotus um den letzten Bundesliga Spieltag im Liveticker zu verfolgen, was sich auch sehr lohnte, da es spannend zu ging. Dass das lauwarme Duvel in den 330 ml Knolle preislich bei knapp 10€ lag, stellte ich etwas verdattert erst beim Bezahlen fest.
Am zweiten, ganzen Tag stand dann der große Ausflug an. Ein Taxi holte uns pünktlich um acht Uhr morgens ab, nachdem wir uns am Frühstücksbuffet vollgefuttert hatten. Wir nahmen zwei Schirme des Hotels mit, die uns sowohl vor den Sonnenstrahlen als auch vor potentiellem Regen schützen sollten. Am Museum angekommen, waren wir die ersten Besucher des Tages. Als wir allerdings die Ausstellung anschauen wollten, kamen Franzi mehr und mehr Bedenken, dass irgendetwas weiterhin nicht mit ihrem Körper stimmt und das auch nicht mit Voltaren Crème gelöst werden kann. Nach einigem Aufregen und Beruhigen, konnten wir aber mit der Ausstellung starten. Es gab einen Audioguide auf YouTube, und um zur ersten Nummer zu kommen, mussten wir erst einmal durch das komplette Museum durchlaufen, da die Beiträge am vermeintlichen Ende anfingen. Beim Laufen durch das Museum stellten wir fest, dass es deutlich größer ist, als man von so einem kleinen Dorf erwartet hätte. Es gehört zur Organisation von Nationalmuseen, deren Hauptstelle in Bangkok wir bereits besucht hatten.
In diesem Ausstellungsraum ging es um den königlichen Besuch in Ban Chiang im Jahre 1972. Vermutlich würde in kaum einen anderem Land der Besuch eines wichtigen Politikers oder Monarchen so eine hohe Resonanz hervorrufen. Aber in Thailand ist alles was mit dem König zu tun hat nahezu heilig. Und so wurde in diesem Ausstellungsraum jede der durchaus interessanten Fragen, die der König zu Ban Chiang hatte, auf einer eigenen Tafel aufgeschrieben und darunter Antworten von Experten geliefert. Doch warum ist der kleine Ort Ban Chiang eigentlich so berühmt und sogar ein Welterbe? Das liegt daran, dass einige Bewohner Ende der 1950er Jahre hier zufällig Überreste von Tonkrügen fanden, die später einer antiken Kultur zugeordnet werden konnten. So ganz sicher ist man sich bis heute nicht, aber die ersten Tonkrüge wurden wohl schon vor über 5000 Jahren hergestellt. Sie entstanden in drei Perioden bis ca. Christis Geburt.
Die letzten Exemplare weisen schöne Malereien auf, die natürlich noch abstrakt sind, aber die man als Menschen oder auch Wasserbüffel interpretieren kann. Es stellte sich heraus, dass unter dem gesamten Dorf, das es erst seit ca. 200 Jahren gibt, sehr viele Grabstätten liegen und neben den antiken Skeletten wurden zahlreiche Tontöpfe gefunden aber auch Bronze- und Eisenerzeugnisse. In einer Periode wurde sogar die Tontöpfe absichtlich zerstört und über dem liegenden, toten Körper verteilt, so dass dieser bedeckt war. Auch wurden viele der Kinderleichen, die es gab, in den Tonkrügen vergraben. In einem anschaulichen Comic, der etwas albern wirkt, wurde gezeigt wie ein Junge mit seinem Vater bei landwirtschaftlichen Arbeiten versehentlich über den antiken Friedhof stolpert und sich sehr erschrickt, als er in einen Tonkrug hereinschaut und ein Schädel zurückstarrt.
m Folgenden nach der Entdeckung und den ersten Erkenntnissen über den Fund von Überresten einer antiken Zivilisation, die wohl Reisanbau betrieb, Vieh hatte und Wild jagte sowie die Tonkrüge töpferte und später Kupfer und Zink handelte, um Bronze zu erzeugen sowie noch später Eisen schmiedete, waren die Kunsträuber schneller als die Archäologen und so verkaufte die arme Bevölkerung große Teile des wertvollen, archäologischen Schatzes an Kunsthändler und schmiss andere Bestandteile wie scheinbar uninteressante Knochen und anderes einfach weg. Dennoch ging nicht alles verloren und der König erkannte die Wichtigkeit des Fundes für das Land und die Archäologie und so stiftete er dieses große Museum im Ort und besuchte auch den buddhistischen Tempel der Stadt, unter dem eine archäologische Ausgrabung gestartet war, da hier die Funde geschützt waren von den profitgierigen Gräbern und Händlern. Der Deutsche Audioguide, der sehr gut war, auch wenn es viele Worte etwas überbetonte, führte uns durch die Ausstellung, die wenn man alles gelesen hätte, was wir inzwischen oft tun, genug Material geboten hätte den gesamten Tag hier zu verbringen. Schön gemacht waren einige original große Modelle von Ausgrabungsarbeiten und vom potentiellen Leben der Ban Chiang Kultur, die nach dem Namen des heutigen Ortes benannt worden war. Die ausgestellten Töpfereien konnten mich nicht so begeistern, auch wenn sie auf Grund ihres Alters mehr Anerkennung verdient gehabt hätten.
Es brachte Spaß noch zwei andere Komponenten des Welterbes zu erkunden, die in der so genannten Kernzone des Welterbes liegen, also dem Bereich der das Objekt des Schutzes umfasst. Die Pufferzone, in der sich das Museum befindet, unterliegt zwar auch Einschränkungen durch die UNESCO, ist aber nicht der Ort des eigentlichen Schatzes. Jedes Welterbe ist so aufgebaut. Es brauchte nur einen kurzen Spaziergang, um in die Kernzone zu kommen. Dabei passierten wir einen schönen See mit einer Sala, also einem schön verzierten, überdachten Unterstand. Direkt daneben an der Straße gab es ein überraschend schickes Café mit leckerem Kaffee und Kuchen, was wir nicht ausließen. Nachdem wir durch die Straße gelaufen waren und ein paar Dorfbewohner begrüßt hatten, erreichten wir den buddhistischen Tempel Wat Pho Si Nai, also die Ausgrabungsstätte, die auch der König 1972 besucht hatte wie auch auf einem Foto zu sehen war, das wir an dem Tag bestimmt zehn Mal gesehen hatten. Heute ist hier die Ausgrabungsstätte nachgestellt, so dass man eine Idee bekommt, was die Archäologen vor einem halben Jahrhundert hier freigelegt haben und wie alles angeordnet war. Mir wäre so langwierige Arbeit mit seltenen Erfolgserlebnissen, glaube ich, zu anstrengend, aber der Moment wenn man unzählige, antike Töpfereien nach langer Arbeit freilegt, muss schon sehr besonders sein.
Unser Highlight war die Suche nach einem Haus, das in einem Flyer des Museums erwähnt war. Es sollte irgendwo am Südende des Ortes sein, aber der Flyer war nicht sehr präzise. Wir liefen herum und fanden nichts. Alte Damen am Straßenrand fächerten sich Luft zu und waren gespannt, was wir da machten. Schließlich fragte Franzi sie mit Hilfe des Smartphones, ob sie ein Haus kennen, dass zum Welterbe gehört. Und tatsächlich fragte eine alte Dame eine passierende, jüngere Dame und die führte uns geschmeichelt, aber auch etwas irritiert den Weg zu dem Haus. Hier stand ein umzäuntes Holzhaus und ein UNESCO Logo auf einem Schild, so dass wir wussten, dass wir am richtigen Ort waren. Es war wohl ein traditionelles Thai Haus, das ein Mann gespendet hatte, nachdem der König zu Besuch war, um die Archäologie zu fördern. Es scheint eine ähnliche Situation wie in Arica zu sein, wo die Bewohner aber versuchen zu verheimlichen, wenn sie Knochen im Garten finden, da sie befürchten, dass ihnen ihr Grundstück sonst entzogen wird. Natürlich ist es auch alles andere als selbstverständlich sein zu Hause freiwillig abzugeben für ein höheres Ziel wie die Forschung. Viel zu sehen war hier allerdings nicht mehr. Eine Wiese war inzwischen über die Ausgrabung gewachsen und nur ein Schild informierte darüber, was hier mal gefunden wurde. Eine Anwohnerin animierte uns dazu durch den geschlossenen Zaun auf das Grundstück zu gehen, um es genauer zu erkunden.
Eine Mitarbeiterin am Kloster hatte netterweise unseren Taxifahrer angerufen, der die 50 Kilometer zurück nach Udon Thani gefahren war und nun wieder herkommen musste, um uns abzuholen. Da wir noch nichts bezahlt hatten, waren wir auch optimistisch, dass er wiederkommen würde. Und tatsächlich erreichte er das Kloster wie versprochen genau eine Stunde nach dem Anruf. Auf der Rückfahrt stellte Franzi fest, dass sie jetzt auch geschwollene Lymphknoten in der Wange und am Kinn hatte. Wenig motiviert und pessimistisch, dass es etwas bringen würde, steuerten wir also abends erneut das Krankenhaus an, in dem fast alle Mitarbeiter sehr gut Englisch sprachen und extrem freundlich waren, auch wenn wir viele Extrawünsche hatten. Diesmal gerieten wir an eine sehr gute HNO-Ärztin, die erneut zur Sicherheit einen Ultraschall machte, um Schlimmeres auszuschließen, da wir berichteten, dass wir als nächstes nach Laos fahren würden. Auf Grund der Reaktionen der Krankenschwestern kann man wohl davon ausgehen, dass der Standard der Infrastruktur im Nachbarland viel geringer sein wird. Auch im Index der menschlichen Entwicklung, der auf Wikipedia erklärt wird und bei jedem Land präsentiert, ist Laos sogar noch deutlich unter Bolivien und Thailand ist hingegen in der besten Kategorie zugeordnet. Allerdings muss man auch sagen, dass das Leben und Reisen in Thailand schon sehr komfortabel ist, daher verwundert die Einstufung nicht. Franzi bekam Antibiotika, um die Entzündung der Lymphknoten zu reduzieren, da es sich wohl um eine Entzündung handelte. Hoffentlich geht diese mit den Medikamenten jetzt weg. Meinen Fuß, der einige entzündete Wunden umfasst und an diesem Tag richtig angeschwollen war, erwähnten wir auf meinen Wunsch hin nicht. Allerdings wurde er auch nicht besser in den nächsten Tagen. Hoffentlich heilt er von alleine und schränkt uns zukünftig nicht ein. Wir sollten auf jeden Fall darauf achten Mückenstiche zu vermeiden und diese nicht aufzukratzen, denn das verheilt nie und wird nur immer schlimmer.
Kommentar schreiben